Mache dich auf, werde Licht!

Zufällig erreichte mich im Herbst die Anfrage nach einem Hauskonzert, als ich mich in einer ausgesprochenen Mendelssohn – Phase befand. Ich hörte “Paulus” im Dauerlauf, weil ich von diesem Werk nie genug kriegen kann. Mein Stück über Fanny hatte ich grade fertig geschrieben, die Biographie von Francoise Tillard eingehend studiert und die von Peter Härtling begonnen und natürlich für mich die Klavierstücke von Fanny geübt, die ich meinen Schülerinnen geben wollte. Mendelssohn, wohin ich in meinem privaten Umfeld blickte – und dann kam dieser Anruf, und der Herr wünschte sich Mendelssohn. Genauer: die “Variations sérieuses”, ein wirklich selten gespieltes Werk, nach dem ich noch nie gefragt worden bin. Irgendeine wohlgesinnte Muse wollte wohl, dass ich mich noch tiefer in die Materie begebe. Wir machten aus, dass ich noch ein paar “Lieder ohne Worte” der beiden Geschwister spiele, und eine Beethoven – Sonate, um das ganze abzurunden. Mein Leben ist schön!

Aber arbeitsam. Ich musste mich vormittags in quasi klösterliche Klausur begeben, um dieses Pensum zu schaffen und auch körperlich fit zu werden für die etwas virtuosen Variationen. Immer unter Berücksichtigung meines fortgeschrittenen Alters… Leider kann man so was nicht mehr so unbeschwert oder unaufgewärmt runterfetzen wie zu Studienzeiten. Und der Muskelkater nimmt ganz andere Dimensionen und Hartnäckigkeiten an. Doch mit einem vernünftigen Übeprogramm und nötigerweise viel Disziplin habe ich mich über den Winter fit gemacht. Bis ich nach gefühlten hundert Stunden selber dachte: jetzt darf ich mich mal an die längere Leine lassen und Inspiration an anderen Orten suchen. Das Üben und Nachdenken abseits vom Klavier ist ab einem gewissen Stadium effektiver als noch eine halbe Stunde rhythmisierte Arpeggien. Genau wie das beste Schreiben oft nicht am Schreibtisch, sondern auf Spaziergängen stattfindet.

Ich erhoffte mir neue Einblicke und fächerübergreifende Inspiration von der Turner – Ausstellung im Lenbachhaus. Auf der Fahrt nach München hörte ich auch wieder “Paulus” – “Mache dich auf, werde Licht!” bekommt eine ganz andere Bedeutung, wenn man auf dem Weg zu diesen aussergewöhnlich leuchtenden und strahlenden Bildern ist. Mein düsteres Gondellied, die noch dunkleren und stürmischeren Variationen könnten ebenfalls eine Entsprechung in den gischtschäumenden unheilvollen Seebildern des Engländers haben. Die Ausstellung ist herzzerreissend schön, doch seltsamerweise habe ich für meinen Mendelssohn kaum Verbindungen gefunden. Nur weil man aus unserer Warte denkt, dass zwei Künstler ungefähre Zeitgenossen waren, heisst das nicht, dass sie wirklich viel miteinander zu tun haben. Und ich habe zum wiederholten Mal feststellen können, dass es verblüffend schwer ist, den Begriff, den Beginn der Romantik zu definieren. Er war viel früher, als ich immer dachte, und der Übergang ist ungefähr so unklar und schwer zu erkennen wie die berüchtigten Zwischenzustände von Elementen in Turners Gemälden: wo hört das Wasser auf? Wo beginnt die Luft? Sollten zwei weitgereiste Künstler, die 1841 Werke geschaffen haben, sich nicht ähnlicher sein?

Ich hatte übersehen, dass der 1775 geborene Turner wirklich eine Generation älter ist als Felix Mendelssohn. Und vom Geiste her nicht weiter entfernt sein könnte von ihm. Turner war revolutionär, wo Mendelssohn versöhnlich und bewahrend ist. Mendelssohn möchte Harmonie und Wohlgefallen, Turner ist es egal, was die Menschen über ihn denken. Die letzten Gemälde sind derartig radikal, dass ich nur noch sprachlos war. Der “Sonnenaufgang vom Rigi” mit seinen kaum angedeuteten, minimalistischen Farbtupfern könnte vorgestern entstanden sein und wäre immer noch modern. Diese fast leere Leinwand hat mich direkt erschüttert, weil sie so viel in mir bewegt und angeregt hat. Das ganze Bild ist in mir entstanden – und dieses Kopfkino ist doch immer das Beste, auch in der Literatur. Die Kunst der Auslassung erlaubt einem, eine viel persönlichere Beziehung zu einem Thema aufzubauen. Man denke nur an Liebesszenen im Film, vor denen die Kamera wegschwenkt – was einen im Moment frustriert und ärgert, bietet im Nachhinein ein viel grösseres Potential, als wenn einem jemand vorschreiben würde, was man sehen soll. Und während ich vor diesen wilden, harschen Bildern stand, auf denen man gar nichts erkennt, wenn man zu nahe dran ist, merkte ich: das hat nichts mit Mendelssohn zu tun. Aber ganz viel mit Beethoven. (Was mal wieder beweist, dass Beethoven den Übergang zur Romantik längst geschafft hat.) Diese kompromisslos wenigen Informationen, dieses undiplomatische Alleinlassen des Betrachters oder Zuhörers – das ist auch Beethovens Masche in den letzten Quartetten oder den Cellosonaten op.102. Sie sind selbst für die Ausführenden kaum verständlich in ihrer Reduziertheit und man braucht den Schritt zurück, den räumlichen Abstand wie bei Turners Gemälden. Und auf einmal blüht vor dem inneren Auge und Ohr etwas auf, von dem man nicht weiss, wie es in einen hineinkommen konnte. Und dann hat man diese Werke für immer in sich, weil es für jeden Menschen nur diese eine Art der Interpretation gibt. Die man auch niemand mitteilen kann. (Jetzt klinge ich so rätselhaft wie die letzten fragmentarischen Bilder…)

Bild: wikiart.org

“Frau Sommerer kauft ein Winterbuch”

“Frau Sommerer kauft ein Winterbuch”, meinte meine Buchhändlerin im “Fabula”, als sie mir das bestellte Buch aushändigte. Ich konnte innerlich nur den Kopf schütteln – diese Blogartikel schreiben sich ohnehin von selbst, und jetzt bekommt man sogar noch den Titel gratis dazu geliefert. Was für ein schönes Leben ich doch habe!

Vor allem, weil ich so nette Winterbücher nicht nur kaufe, sondern auch mit viel Genuss lese. “Lieber Winter!”, das neue Buch von Franziska Lipp, klingt schon so einladend. Viel zu viele Menschen beklagen sich doch über die kalte, dunkle Jahreszeit und sehen sie nur als ungeliebte und mühsame Zwischenstation auf dem Weg zum nächsten Sommer. Dabei ist er eine Chance auf viel mehr:

“Der Winter wird als Einengung und Beschneidung empfunden, dabei ist er ein Geschenk. Ein Geschenk, das uns auffordert, einfach von allem weniger zu machen, Ruhe zu geben. Eine Art Winterruhe zu halten wie das Eichhörnchen oder der Dachs.” (S. 76)

Als Musikerin fällt mir als Gegensatz zum netten Titel “Ach bittrer Winter” ein, ein wunderschönes altes Lied, das aber hauptsächlich die negativen Seiten der Saison beleuchtet. Die Anrede “Lieber Winter!” hingegen lässt schon ahnen, dass sich hier ein Winterfan mit den manchmal vernachlässigten angenehmen Begleiterscheinungen der frostigen Zeit beschäftigt. Das Cover – grau mit weissen Schneeflocken – ist clean und minimalistisch gestaltet und zeigt, dass der Winter mehr ist als das überbordende Funkeln von Weihnachten. Gerade zum Jahresanfang sehnt man sich nach Klarheit und aufgeräumten Verhältnissen, und die spiegelt das Buch schon optisch wieder.

Doch vor dem Aufräumen und Entschlacken kommt das zur-Ruhe-Kommen. Das Buch beginnt bereits im Herbst mit den ersten Feiertagen wie Allerheiligen, Sankt Martin oder dem Cäcilientag. Der Abschnitt über den Herbst trägt den wunderschönen Titel “Heimkehr”. Ich mag den November und seine immer kürzer werdenden Tage, und Franziska lädt dazu ein, sich in den Rhythmus der Natur zu begeben und zu Hause ruhig zu werden. Sich zu entschleunigen und Kraft zu sammeln, statt in Aktionismus zu verfallen. Akzeptieren, dass alles ein Ende hat. Sie scheut selbst vor den ganz dunklen Aspekten nicht zurück, denn wie oft verwenden wir die Jahreszeiten nicht als Symbol für die einzelnen Stationen im Leben? Der Winter kann auch mit dem letzten langen Schlaf verglichen werden. Ich habe Hochachtung davor, wie sensibel sie diesen Aspekt anspricht, den man doch lieber aus seinem Leben verdrängt. Aber irgendwann müssen wir uns mit dem ultimativen zur-Ruhe-Kommen auseinandersetzen, und es tut gut zu sehen, dass man nicht die einzige ist, die sich gelegentlich Gedanken darüber macht.

Im Adventsabschnitt gefällt mir besonders das Kapitel über die Heilige Barbara, ihre Beharrlichkeit und Franziskas kursiv gedruckter “Arbeitsauftrag”: “Welche Wege beschreite ich beharrlich? Wie gut kann ich mich gegen Fremdbestimmung widersetzen und sei es nur, um meine Adventszeit so zu gestalten, wie ich es möchte?” Da fühle ich mich ertappt beziehungsweise spüre einen Finger in einer alten Wunde. Wie oft will man es nicht allen recht machen und vernachlässigt dabei sich selbst? Ich wünsche mir seit Jahren eine wirklich entspannte Adventszeit mit viel, viel weniger Sozialkontakten, als wir haben. Einen “bescheidenen Advent”, wie es Franziska nennt. So nett die Einladungen sind, aber die freie Zeit an den Wochenenden ist bei uns beiden sehr begrenzt. Manchmal würden wir lieber einfach nur zuhause bleiben. Die Pandemie hat mir gezeigt, wie schön ein ruhiger, langsamer Advent sein kann. Ich weiss nicht, wie man das in diesen wirbeligen Nach-Lockdown-Zeiten hinbekommen soll, ohne alle möglichen Leute vor den Kopf zu stossen. Vielleicht finde ich die Erlaubnis und den Mut dazu in Franziskas einfachen, weisen Worten.

Dass Franziska als Journalistin solide recherchiert und klar schreiben kann, muss nicht extra erwähnt werden. Was ihr Buch aber besonders macht, ist die feine Einbindung von Persönlicherem, Poetischerem. Es ist eben kein Sachbuch, sondern ein Herzensprojekt, und sie scheut sich nicht, sehr private Erinnerungen an Brauchtümer ihrer Salzburger Heimat und an ihre Kindheit mit den Lesern zu teilen. Besonders gefällt mir, dass, auch anders als im reinen Sachbuch, jedes Kapitel nach dem informativen Titel wie Sankt Martin, Heiligabend, Blaue Stunde oder Weihrauch einen Untertitel hat, der darüber hinaus reicht und die Gefühlsebene anspricht: Mitgefühl, Hingabe, Liebe. (Die Liebe am Heiligabend geht wunderbarerweise durch den Magen. In Form von Buchteln.) Diese innige und echte Art von Emotionen ist meilenweit entfernt vom verkitschten angeblichen “Fest der Liebe”, das von der Werbeindustrie usurpiert wurde, und hat mich mehr als einmal bei der Lektüre sehr berührt und nachdenklich gemacht. Und auch das ist ein unerwarteter und spannender Effekt des Buchs: dass man in Kontakt mit sich selbst kommt, verborgene Regungen wieder- oder neuentdeckt und sich auf andere Art dem Sinn hinter dem Ganzen nähert.

Meine Lieblingskapitel sind “Erster Schnee” und, ganz besonders, der lyrische Beginn von “Raureif”:

“Es ist ein verzauberter und eisig kalter Morgen. Dicker, wildgezackter Raureif hat sich mit feinen, klirrenden Nadeln über die Wiesen und Hecken gelegt. Jeder einzelne Ast der Birke ist umhüllt von einer zerbrechlichen Eisschicht, die die Strahlen der Morgensonne einfängt und bricht. Jedes Blatt und jeder Grashalm wurde mit einem glitzernden Silberrand versehen.” (S. 90)

Wer kann da noch eine Reise nach Mauritius buchen wollen, wenn wir in solch einer Zauberwelt leben dürfen?

Unerwartet erwies sich auch das Winterbuch mit seinen kleinen Nachfragen und Anregungen als Anstifter zu allerlei Aktivitäten. Franziskas “Lieblingsplätze im Salzburger Land” hat mich damals dazu gebracht, die Landkarte rauszukramen und an Wochenenden wunderbare Ausflüge zu machen. Das neue Buch hat uns am Tag mit dem Extremschnee, als wir kaum Frisches im Haus hatten, ein richtiges Kinderabendessen aus Griessnockerlsuppe und Buchteln beschert, deren Rezept abgedruckt ist. Und ich habe die heilsame Entschleunigung des Hefeteigs besonders genossen, weil draussen tonnenweise Schnee fiel und ich wusste: ich kann jetzt nirgendwo hin. Ich muss jetzt nirgendwo hin.

Die wohl wunderlichste Entdeckung, zu der mir das Buch verholfen hat, geschah ausgerechnet am Vorabend des sogenannten Volkstrauertags, des Tages, an dem gefallener Soldaten gedacht wird. Jetzt wird ein Exkurs nötig, der nichts mit dem Winterbuch zu tun hat: der römische Cousin des Gatten ist seit zwei Jahren auf der Suche nach einem Vorfahren, von dem sie nur vage wissen, dass er gelebt hat und im ersten Weltkrieg umkam. Nicht mal der Name ist bekannt, noch weniger irgendwelche Daten. Wie Franziska auch schreibt, Familie ist nicht immer leicht. Hier kam zu möglichen Animositäten noch die Auswanderungsgeschichte der Mutter des römischen Cousins, die Bamberg in den Fünfzigerjahren so gründlich hinter sich liess, dass sie auch die Erinnerungen daran tilgen wollte und ihren Kindern nicht mal deutsch beibrachte, was sie ihr bis heute vorwerfen. Ihr Verlust ist mein Gewinn: ich habe mich gezwungen, die ganze Korrespondenz mit Ferdinando auf italienisch zu führen. Das waren hardcore – Italienischstunden, nicht zu vergleichen mit den harmlosen Grammatikübungen meiner App! Live würde ich das nie schaffen, aber mit Wörterbuch und Zeit zum Nachdenken erfuhr ich eben, dass Ferdinandos Seele keine Ruhe hat, so lange er den Namen dieses vierten Grossonkels nicht weiss. Er ist schon zwei Mal mit einem seiner Söhne von Rom in die andere Stadt mit sieben Hügeln gefahren, um vor Ort vielleicht etwas zu finden. Die beiden haben Friedhöfe abgesucht und jede Säule, die an Gefallene des Ersten Weltkriegs erinnert, studiert, aber nichts gefunden. (Ich kann sie mir vorstellen, die beiden redegewandten, genussfreudigen, agilen Römer, die im ländlichen Franken mit französisch und englisch nicht weiterkommen und ausserhalb Italiens sicher auch keinen Pecorino gefunden haben – ein anderer Kummer, er sich durch Ferdinandos Leben zieht, wenn man ihm glauben darf…). Daraufhin wurde ich eingeschaltet, weil eine deutschsprachige Hilfe vonnöten war, und habe immer wieder in kleinen Pfarrämtern, die einmal die Woche zwei Stunden geöffnet haben, angerufen. Im November waren wir eigentlich schon ziemlich weit – ich hatte jetzt das richtige Pfarramt und eine halb willige Sekretärin. Wir hatten festgestellt, dass die Taufbücher des entsprechenden Zeitraums noch nicht im Archiv des Erzbistums in Bamberg, sondern noch vor Ort in dem kleinen Dorf waren. Als sie mir live sagte, dass sie mal nachschauen würde, und, ja, in der Tat, hier sei noch das Taufbuch bis 1895, wollte ich fast schreien: “dann machen Sie’s doch um Himmels willen mal auf! Ich spende auch was!” Aber – nix da. Nächste Woche war sie in Urlaub, und dann gab es eine EDV-Umstellung, die sie auch daran hindern würde, in das Buch zu schauen. Ferdinando hatte angefangen, mich nur noch “Signora Palfi” zu nennen nach einer Detektivin einer Bamberger Krimiserie, und versuchte, mich zu beruhigen. Genau diese Art Bürokratie würde es auch in Italien geben. Wir sollten höflich und geduldig bleiben, nachdem wir Mister X, wie wir den Vorfahr nannten, schon so dicht auf der Spur waren. Doch diese letzte lächerliche Hürde raubte jetzt mir die Seelenruhe. Ich war tatsächlich nahe dran, einen herbstlichen Ausflug nach Franken zu unternehmen, konnte aber zu Öffnungszeiten des Pfarramts nicht wegfahren.

Jetzt gehen wir wieder ins Winterbuch: auf Seite 147 erwähnt Franziska digitalisierte Taufbücher, falls man sich lange Winterabende mit Familienforschung verschönern will. Ich spitzte sofort die Ohren, und obwohl es schon fast Bettgehzeit war, fuhr ich den Computer noch mal hoch und gab die Adresse data.matricula-online.eu/de ein. Fand das kleine fränkische Dorf und das Taufbuch bis 1895. Mir ging die Düse, denn wir wussten, dass ein Bruder 1893, der andere 1898 geboren war. Es war gut möglich, dass Mister X 1896 das Licht der Welt erblickt hatte und ich wieder gegen eine Mauer rennen würde. Ich bekam wirklich feuchte Hände, als ich vom letzten Eintrag her anfing und die allerletzte verfügbare Seite aufschlug. Ein dicker Balken, unter dem in schnörkeligen riesigen Buchstaben das Jahr 1895 gekennzeichnet wurde. Über dem Balken das letzte Baby des Jahres 1894, geboren am 27. Dezember. Ich glaubte meinen Augen nicht, als ich den richtigen Namen “Schlegel” las. Vater und Mutter stimmten auch, und unser Mister X, der arme Frühverstorbene, heisst Joseph Thomas. Ich guckte in die flackernde Kerze neben meinem Computer. Das konnte nicht wahr sein. Und doch war es so naheliegend: fast jeder in dieser Familie wurde auf “Joseph” getauft, auch mein Mann mit zweitem Namen, sein Vater ebenfalls, und Ferdinandos Mutter – Überraschung! – heisst Josephine. Beim zweiten Hinschauen sah ich auch die Todesdaten, in ebenso feiner dünner Schnörkelschrift angefügt: gestorben am 24.11. 1914 in Russland. Noch nicht zwanzig. Und nach wenigen Generationen schon von der Familie vergessen. So sehr ich mich gerade gefreut hatte, so nachdenklich stimmte mich das auch. Aber war es nicht seltsam, dass ich wenige Tage vor dem Todestag die Daten gefunden hatte? Und wir die Chance darauf hatten, am 24.11. eine Kerze für den armen jungen Mann anzuzünden?

Zu dieser späten Stunde reichte mein Italienisch gerade noch zu einer Mail mit “Ecco!” und dem Link zum Taufbuch. Aber ich wusste, dass ich damit jemand in Ostia sehr glücklich mache.

Früher im Buch spricht Franziska über Engel und Schutzengel. Offensichtlich ist sie selbst einer, weil sie uns mit diesem Hinweis eins der schönsten Weihnachtsgeschenke beschert hat.

Und apropos Weihnachtsgeschenk: “Lieber Winter!”, im Anton Pustet Verlag erschienen, wäre ein sehr schönes!